Politische Auswirkung des Dieselskandals

Die AfD profitiert nachweislich vom Dieselskandal. Wie datengetriebene Politikberatung dabei helfen kann, die Bürger besser zu verstehen und die Politik nach dem Willen des Volkes auszurichten. Eine Datenanalyse am Beispiel der Landtagswahlen 2019 in Sachsen.

Sachsen – Landtagswahl 2019

Wer einen alten Diesel fährt, wählt AfD – und Elektroauto-Besitzer die Grünen?!

Wer einen alten Diesel fährt, wählt AfD – und Elektroauto-Besitzer die Grünen? Auch wenn es sich wie das abgedroschenste Klischee von allen anhört – eine genaue Analyse der Wahlergebnisse der Sächsischen Landtagswahl vom 1. September nährt beide populären Vorurteile. Bee Statistics betrachtete hierzu die Zweitstimmen-Ergebnisse der Parteien bei den beiden letzten Landtagswahlen (2014, 2019) auf kleinräumiger Ebene und korrelierte diese mit der amtlichen Zulassungsstatistik des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA).

Vergleich des Anteils an zugelassenen Dieselfahrzeugen (Euro1-5) mit dem Zweitstimmenergebnis der AfD in den einzelnen Wahlkreisen Sachsens für die Jahre 2014 und 2019

Datenquelle

Ergebnis der Landtagswahl 2014 und 2019 in Sachsen, Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen.
Jahresbilanz des Fahrzeugbestandes am 1. Januar 2014 und am 1. Januar 2019, Kraftfahrt-Bundesamt.

Erläuterungen

Jeder Datenpunkt repräsentiert einen Landkreis Sachsens. Auf der horizontalen Achse ist der Anteil an Dieselfahrzeugen in diesem Landkreis aufgetragen. Der vertikale Wert entspricht dem Zweitstimmenanteil der AfD bei der ausgewählten Landtagswahl. Auffällig ist ein erkennbarer Trend: 2014 scheint die AfD in Regionen mit vielen zugelassenen Dieselfahrzeugen schlechter abzuschneiden als in Regionen mit wenigen Dieselfahrzeugen. Die gleichzeitige Einblendung beider Wahljahre zeigt, dass sowohl die Anzahl der zugelassenen Dieselfahrzeuge als auch das Zweitstimmenergebnis der AfD insgesamt von 2014 zu 2019 steigen. Im Jahr 2019 zeigt sich ein entgegengesetzter Zusammenhang. In Regionen mit wenig zugelassenen Dieselfahrzeugen schneidet die AfD schlechter ab, als in Landkreisen mit vielen zugelassenen Dieselfahrzeugen. Die Grafik erlaubt per Auswahl einzelner Landkreise (in der Matrix oder der Legende) die Auswirkung einzelner Landkreise zu betrachten.

Signifikanz

Bei Einbeziehung aller 13 Landkreise ist die Korrelation für das Jahr 2014 signifikant: der Korrelationskoeffizient im Jahr 2014 liegt bei r = – 0,702 und damit, sogar für das Signifikanzniveau α = 0,01, im Signifikanz-Bereich (r < – 0,6835, p < 0,01). Der Korrelationskoeffizient ist nicht robust gegenüber Ausreißern. Im Jahr 2019 wird die Korrelation stark von dem Ausreißer Görlitz beeinflusst. Ohne Görlitz liegt der Korrelationskoeffizient im Jahr 2019 bei r = 0,777 und somit innerhalb des Niveaus für einen Signifikanznachweis sogar für α = 0,01 (r > 0,7079, p < 0,01). Betrachtet man jedoch die Gewinne/Verluste der AfD in Korrelation zum Anteil der Dieselfahrzeuge, so ist diese auch bei Einbeziehung aller 13 Landkreise deutlich signifikant: Der Korrelationskoeffizient liegt bei r = 0,649 und damit, selbst für α = 0,02, auf Signifikanz-Niveau (r > 0,6339, p < 0,02). Man beachte allerdings, dass der Korrelationsnachweis noch keinen Kausalzusammenhang impliziert.

Diachroner Vergleich

Gerade im zeitlichen („diachronen“) Vergleich wird hier deutlich, dass in den Regionen Sachsens, in denen der Anteil von alten Diesel-PKW (also solchen mit der Abgasnorm Euro 5 und darunter) am höchsten ist, auch die höchsten Stimmanteile für die AfD zu verzeichnen waren. Eine entsprechende Analyse mit den gleichen Datensätzen aus dem Jahr 2014, also dem Jahr der vorletzten Landtagswahl, zeigt hingegen eine entgegengesetzte (negative) Korrelation zwischen Anteil alter Diesel-PKW und AfD-Zweitstimmenergebnis.

Zur Vergleichsmatrix inklusive Erläuterung

AfD profitiert vom Diesel-Skandal

Die Vermutung drängt sich also auf, dass die AfD – die sich vehement immer wieder für „die Rettung des Diesels“ ausgesprochen hat und in der Vergangenheit auch entsprechende Kampagnen dazu auflegte – mit ihrer Strategie Erfolg hatte, also vom sogenannten Diesel-Skandal profitieren konnte. Noch deutlicher wird dies bei Betrachtung der Gewinne/Verluste der AfD in den einzelnen Landkreisen: In Landkreisen mit hohen Dieselanteilen fallen die Gewinne am stärksten aus. „Die AfD greift oft geschickt Gefühlslagen in der Bevölkerung auf. Der Diesel-Skandal ist dafür ein geradezu typisches Beispiel; hier herrscht die Vorstellung, dass große Konzerne den kleinen Bürger in Deutschland betrügen dürfen, ohne dafür Konsequenzen fürchten zu müssen. Diesen verbreiteten Unmut scheint die Partei erfolgreich zu kanalisieren“, so Frank Schneider von Bee Statistics.

Grüne fahren emissionsfrei

Und auch in anderen Teilen des politischen Spektrums scheint des Deutschen liebstes Kind eine Rolle zu spielen. „Mit einer überraschend hohen statistischen Signifikanz konnten wir feststellen, dass in den Regionen Sachsens mit einem vergleichsweise hohen Anteil von Hybrid- und Elektrofahrzeugen auch der Zweitstimmenanteil der Grünen besonders hoch ist“.

Vergleich des Anteils an zugelassenen Elektro- und Hybridfahrzeugen mit dem Zweitstimmenergebnis der Grünen in den einzelnen Wahlkreisen Sachsens für die Landtagswahl 2019

Datenquelle

Ergebnis der Landtagswahl 2014 und 2019 in Sachsen, Statistisches Landesamt des Freistaates Sachsen.
Jahresbilanz des Fahrzeugbestandes am 1. Januar 2014 und am 1. Januar 2019, Kraftfahrt-Bundesamt.

Erläuterungen

Jeder Datenpunkt repräsentiert einen Landkreis Sachsens. Auf der horizontalen Achse ist der Anteil an Elektro- und Hybridfahrzeugen in diesem Landkreis aufgetragen. Der vertikale Wert entspricht dem Zweitstimmenanteil der Grünen bei der Landtagswahl 2019. Auffällig ist ein erkennbarer Trend: Die Grünen scheinen in Regionen mit vielen zugelassenen Elektro- und Hybridfahrzeugen besser Wahlergebnisse zu erzielen als in Regionen mit weniger Elektro- und Hybridfahrzeugen. Die Grafik erlaubt per Auswahl einzelner Landkreise (in der Matrix oder der Legende) die Auswirkung einzelner Landkreise zu betrachten. Auffällig sind insbesondere die beiden Ausreißer Dresden und Leipzig, Stadt. In städtischen Ballungsgebieten ist die Dichte an Elektro- und Hybridfahrzeugen grundsätzlich höher. Dies liegt unter anderem an den besseren Bedingungen für die Nutzung eines Elektro- oder Hybridfahrzeugs, an den kürzeren Strecken, die zurückgelegt werden müssen, und ggf. an Fahrverboten.

Signifikanz

Schon bei Einbeziehung aller 13 Landkreise ist die Korrelation der Wahlergebnisse der Grünen in 2019 hochsignifikant korreliert mit dem Anteil an Elektro- und Hybridfahrzeugen (Korrelationskoeffizient liegt bei r = 0,951 und fällt damit sogar für ein Signifikanzniveau α = 0,001 in den Signifikanz Bereich (r > 0,8009). Auch ohne die beiden Ausreißer Dresden und Leipzig, Stadt besteht eine hochsignifikante Korrelation: Ohne diese beiden Ausreißer liegt der Korrelationskoeffizient bei r = 0,753 – und damit immerhin noch im signifikanten Bereich für α = 0,01 (r > 0,7348, p < 0,01).
Man beachte wiederum, dass der Korrelationsnachweis noch keinen Kausalzusammenhang impliziert.

Fazit

Diese Analyseergebnisse zeigen natürlich lediglich eine Korrelation, es muss nicht zwingend auch eine Kausalität dahinter stecken. „Allerdings sind diese Erkenntnisse in ihrer reinen statistischen Signifikanz ein gutes Beispiel für das Potenzial datengetriebener Politikberatung und -steuerung, denn sie bieten im Umkehrschluss die Möglichkeit, vor der nächsten Wahl Kampagnenerfolge zu quantifizieren und inhaltliche Schwerpunkte anhand soziodemografischer Daten gezielt zu setzen“, betonen Prof. Dr. Henrik Blunck und Dr. Peter-Christian Zinn, die das Projekt Bee Statistics aus wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Perspektive betreuen. Derartige Datenanalysen erlauben es der Politik, den Willen des Wählers schnell und gezielt zu erfassen und so das Vertrauen des Bürgers in die Entscheidungen zu stärken.

Forschung

Wahlanalysen

Nicht hinter jeder Korrelation, muss zwingend auch eine Kausalität stecken. Allerdings können anhand statistischer Signifikanzen Rückschlüsse auf den Wählerwillen gezogen werden. Werden Sie selbst zum Datenanalysten und erkennen Sie Korrelationen mit unserem Bee Statistics Tool zur Landtagswahl in Sachsen.

Von wegen Volkspartei. Dürfen sich CDU und SPD bei ihren stetig schrumpfenden Wahlergebnissen noch als solche bezeichnen? Ist gar die AfD zur neuen Volkspartei aufgestiegen. Auch hier liefern Daten die überraschende Antwort.

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